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Round-Table-Diskussion, moderiert durch Mag. (FH) Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG mit den Expert:innen

  • Dr. Horst Kreuter, Gründer und Generalrepräsentant, Vulcan Energy

  • Anna Leitner, MSc, Ressourcen-Sprecherin der Umweltschutzorganisation Global 2000

  • Mag. Magdalena Quell, CIIA, Arbeitsgruppe „Zukunfts-Thema: Rohstoffe“, Raiffeisen KAG

  • Univ.-Prof. Dr. Michael Tost, Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft, Montanuniversität Leoben

„In Europa Maßstäbe setzen für nachhaltigen Bergbau!“

Herr Professor Tost, Sie leiten den Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft an der Montanuniversität Leoben. Der Bergbau hat sich im vergangenen Jahrhundert ja sehr stark verändert. Kommen wir schon in die Nähe, wo so etwas wie ein nachhaltiger Bergbau möglich ist?

Michael Tost: Wir müssen aus meiner Sicht zwei Aspekte berücksichtigen. Die eine Komponente ist, dass wir beim Bergbau vom Abbau von nicht erneuerbaren Rohstoffen sprechen – das steckt schon im Wort drinnen. Die zweite Komponente sind dann die Umwelt- und Sozialauswirkungen dieses Abbaus und die entsprechende Weiterverarbeitung beziehungsweise Verwendung und Entsorgung. Nachhaltigkeit im Bergbau ist seit rund 25 Jahren ein Thema. Anfang der 2000er-Jahre wurde eine Initiative gegründet, die sich Global Mining Initiative nannte, wo erstmals untersucht wurde, was Bergbau beziehungsweise nicht nachwachsende Rohstoffe mit Nachhaltigkeit zu tun haben und was getan werden muss. Eine der Schlussfolgerungen war, dass das Thema der nicht nachwachsenden Rohstoffe, also das Verbrauchen und Aufbrauchen, nicht das primäre Thema sein sollte – wir haben genug für die absehbare Zukunft. Stattdessen sollten die Umweltauswirkungen, die Sozialauswirkungen und die Governance Aspekte des Bergbaus und der Rohstoffverwendung zuerst betrachtet werden.

Wie wird ESG im Bergbau berücksichtigt?

Michael Tost: Wir haben in den letzten Jahren ein EU-Projekt namens SUMEX (Sustainable Management of Extractive Industries) geleitet, wo wir uns speziell die europäische Situation angesehen haben. Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, was bis 2050 auf der Umweltseite, der sozialen Seite, der wirtschaftlichen Seite und der Governance-Seite geschehen muss. Zum Beispiel: Der Bergbau und die Bereitstellung der Rohstoffe müssen CO2-neutral werden. Wir sehen die Zukunft des europäischen Bergbaus eher im untertägigen Bergbau, weil dieser weniger Land verbraucht. Und: Wir müssen Lösungen finden, dass Bergbauabfälle im Kontext einer Kreislaufwirtschaft nicht mehr Abfälle bleiben, sondern genutzt werden. Der steirische Erzberg produziert beim Abbau von Eisenerz auch Kalk als Abfallprodukt, der potenziell als Baurohstoff genutzt werden kann. Da sich der Transport von Baurohstoffen ab rund 50 Kilometern finanziell nicht lohnt, bleibt er an dieser Stelle ein Abfallprodukt, während Kalkstein etwas weiter entfernt als Produkt abgebaut wird. Da müssen Lösungen gefunden werden. Ich glaube nicht, dass wir jetzt schon einen nachhaltig geführten Bergbau haben, aber wir wissen mittlerweile, wo die Reise hingehen müsste, und es gibt Bergbau, der zumindest verantwortungsvoll betrieben wird, was Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte betrifft.

Wir sind hier in Österreich und überlegen uns, wie wir in Europa nachhaltigen Bergbau betreiben können. Wie geht man mit dem Spannungsfeld zwischen regionalem und globalem Kontext um?

Michael Tost: Da kommt die strategische Bedeutung ins Spiel. Es gibt seit dem Vorjahr den sogenannten Critical Raw Materials Act, den die EU beschlossen hat. Dieser Act legt strategische Projekte für strategische Rohstoffe fest, die Priorität haben sollen. Lithium spielt dabei eine große Rolle. Viele der bisher festgelegten strategischen Projekte sind Lithiumprojekte. Die Erkenntnis, dass wir aus strategischen Gründen in Europa wieder mehr machen müssen, spielt eine Rolle. Letztlich wird dieses Spannungsfeld biophysikalisch geregelt werden. Es gibt das Konzept der planetaren Grenzen, in dem die Wissenschaft sagt, dass wir bei sechs von neun global relevanten Umweltprozessen bereits über die Grenzen hinaus sind. Klimawandel ist einer davon. Biophysikalisch wird dieses Überschreiten der Grenzen geregelt werden, wie schnell und wie das gehen wird, ist offen, und ob wir das als Menschheit in unserem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem machen oder die Natur das übernimmt.

Univ.-Prof. Dr. Michael Tost, Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft, Montanuniversität Leoben

Univ.-Prof. Dr. Michael Tost, Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft, Montanuniversität Leoben

Frau Leitner, als Vertreterin von Global 2000 befassen Sie sich hauptsächlich mit den ökologischen Auswirkungen der Rohstoffgewinnung. Wie nachhaltig ist Bergbau Ihrer Meinung nach?


Anna Leitner: Aus meiner Sicht gibt es keinen nachhaltigen Bergbau. Bergbau ist immer verbunden mit möglicher Wasserverschmutzung, Wasserverbrauch und dem Verlust von Lebensräumen. Es braucht Regulierungen und verpflichtende Rahmenbedingungen, um Bergbau weniger umweltschädlich zu machen. Wir brauchen die grüne Wende und dafür auch Rohstoffe, aber unter Einhaltung von Menschenrechten und Umweltauswirkungen. Wir können die Klimaziele nicht erreichen, wenn der Bergbau-Boom ungeachtet der Risiken und Umweltschäden ungebremst voranschreitet.

Wie sieht es in Hinblick auf Regulierung aus?

Anna Leitner: Wenn Bergbau nachhaltiger werden oder zumindest weniger Schaden anrichten soll, braucht es Regulierung und nicht nur freiwilliges Engagement. Es braucht verpflichtende Rahmenbedingungen, und diese am besten weltweit. Leider sehen wir aber gerade, dass die Entwicklung in die andere Richtung geht, etwa beim Verwässern des Lieferkettengesetzes. Unter dem Deckmantel der Wettbewerbsfähigkeit erfolgt ein großer Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit auf EU Ebene ebenso wie in den USA. Das bereitet uns große Sorgen. Ja, wir brauchen die grüne Wende, und dafür auch Rohstoffe. Wir müssen uns gleichzeitig anschauen, wie viele Rohstoffe brauchen wir wirklich. Und diese müssen unter Einhaltung von Menschenrechten, Sorgfaltspflichten, Unternehmensverantwortung und Umweltauswirkungen abgebaut werden. In Schutzgebieten darf es gar keinen Abbau geben. Das sicherzustellen geht nur mit Gesetzen. Aktuell gibt es allerdings einen Run auf Rohstoffe, und das scheint geopolitisch oberste Priorität zu haben, führt aber sicher nicht in die richtige Richtung.

"Europa hat 6 % der Weltbevölkerung, konsumiert aber 25 bis 30 % der Rohstoffe."
Anna Leitner

Anna Leitner, MSc, Ressourcen-Sprecherin der Umweltschutzorganisation Global 2000

Anna Leitner, MSc, Ressourcen-Sprecherin der Umweltschutzorganisation Global 2000

Die große Nachfrage an Rohstoffen müsste den Entwicklungsländern, wo sie ja sehr oft herkommen, entsprechende Macht verleihen. Die Realität schaut allerdings anders aus.

Anna Leitner: Die Frage, woher die Rohstoffe kommen, steht diametral zur Frage, wo die Rohstoffe nachgefragt werden. Am 24. Juli war der globale Welterschöpfungstag. Für Österreich war dieser Tag bereits am 29. März. Es ist der Tag, an dem wir rechnerisch die natürlichen Ressourcen, die die Erde in einem Jahr bereitstellt, aufgebraucht haben. Europa hat 6 % der Weltbevölkerung, konsumiert aber 25 bis 30 % der Rohstoffe. Das bedeutet, dass die Rohstoffe größtenteils von anderen Kontinenten kommen, von der weltweiten Peripherie, von Ländern, die am Rand der Wahrnehmung liegen, und innerhalb dieser Länder wiederum aus Regionen, die am Rand der Wahrnehmung liegen. Wenn Rohstoffe in Europa abgebaut werden, dann meist in Randgebieten: in Südeuropa, am Balkan oder in Nordeuropa in den Gebieten der Sami. Die Nachfrage hingegen konzentriert sich sehr auf die westlichen Industriestaaten. Es ist wichtig zu differenzieren, wofür wir die Rohstoffe überhaupt brauchen. In den Diskussionen rund um kritische Rohstoffe wird oft die Energiewende vorangestellt, weil sie ein Grund ist, sich um die kritischen Rohstoffe zu kümmern. Das ist ein Thema, auf das sich alle einigen können, weil wir alle die Klimakrise bekämpfen wollen.

Diese Sichtweise greift aber zu kurz …

Anna Leitner: Tatsächlich haben Kolleg:innen für Spanien berechnet, dass zwischen 54 und 92 % der kritischen Rohstoffe der Metalle nur für die Elektromobilität gebraucht werden. Ein großer Teil der Rohstoffe wird also nicht für Wind- und Solarenergie, sprich: für die klassischen Erneuerbaren verwendet, sondern für den Individualverkehr. Da stellt sich die Frage, wo die großen Elektroautos, die diese Ressourcen verbrauchen, eingesetzt werden, und wo der Abbau der Rohstoffe dafür stattfindet.

Herr Dr. Kreuter, Sie sind Mitbegründer der Firma Vulcan Energy, eines Unternehmens, das sich dem nachhaltigen Abbau von Lithium verschrieben hat. Können Sie uns kurz darlegen, welchen Wert Nachhaltigkeit für die Produktion von Lithium in Europa bzw. global hat?

Horst Kreuter: In Europa legen wir viel Wert auf Nachhaltigkeit, während in anderen Regionen, beispielsweise Afrika oder Südamerika, die Nachhaltigkeit weniger im Fokus steht. Andererseits gibt es keine gleichen und fairen Bedingungen im Hinblick auf die Kosten der Gewinnung der Rohstoffe. Für Projekte wie das von Vulcan Energy fallen in Europa höhere Aufwendungen an, um hohe Umwelt- und Sozialstandards einzuhalten – die reinen Betriebskosten von Vulcan gehören laut Machbarkeitsstudie jedoch zu den wettbewerbsfähigsten weltweit. Das ist auch wichtig. Denn basierend auf unserer Erfahrung können wir sagen, dass der Fokus europäischer Kunden immer noch hauptsächlich auf wettbewerbsfähigen Preisen liegt; Nachhaltigkeit spielt da bislang noch eine untergeordnete Rolle – obwohl sich dies auch zunehmend verändert. Dass Nachhaltigkeit in Bezug auf den Profit nicht immer die herausragende Rolle spielt, führt uns auch vor Augen, warum es so ist, wie es ist. Es spielt nicht nur die Verfügbarkeit der Rohstoffe eine Rolle, sondern auch die Politik und die Wirtschaftlichkeit.

Wie entwickelt sich der Abbau von Lithium?

Horst Kreuter: Wir sehen, dass geplante Tagebaue jetzt unter Tag verlegt werden, weil es umweltfreundlicher ist, aber auch teurer. Das bedeutet, wir in Europa steigern unseren Nachteil im Preis gegenüber anderen Ländern und Regionen, wenn wir so vorgehen. Lithium wurde eine Zeit lang stark gehypt und nachdem der Preis so hoch gegangen ist, sind überall Lithiumprojekte aus dem Boden geschossen. Die traditionellen Abbaue sind in Südamerika und Australien, wobei die Raffination aufgrund der niedrigen Energiepreise oft in China stattfindet. Es gibt Untersuchungen, wie sich die CO2-Emissionen, der Flächenverbrauch und der Wasserverbrauch bei den verschiedenen Technologien unterscheiden. Die höchsten CO2-Emissionen – 15 Tonnen pro Tonne Lithiumhydroxid oder Lithiumcarbonat – gibt es in Australien bzw. bei der Verhüttung in China, gefolgt von Südamerika. Die wenigsten CO2-Emissionen erfolgen bei der Technologie, der auch Vulcan Energy anhängt. Wir setzen auf die direkte Lithiumextraktion, bei der Fluide durch Filter geführt werden, um das Lithium herauszufiltern und das Wasser wieder in den Untergrund zu reinjizieren. Diese Technologie ist umweltfreundlicher und wird in Zukunft eine größere Rolle spielen.

Lithium-Abbau geht offenbar auch anders…

Horst Kreuter: Ja, und da Herr Tost den Critical Raw Materials Act und die Strategic Projects angesprochen hat: Wir sind eines der Strategic Projects. Vulcan Energy ist weltweit das einzige Unternehmen der Metall- und Bergbauindustrie, dessen Green Financing Framework von S&P Global Ratings mit dem höchsten Dunkelgrün- Status ausgezeichnet wurde. Weil wir neben der Lithiumproduktion auch noch umweltfreundliche Energie aus der Geothermie produzieren und damit CO2 bei Heizung in der Industrie einsparen. Wir produzieren mehr Energie, als wir selbst für unseren Produktionsprozess brauchen. Das ist ein großer Vorteil unseres Verfahrens. Der Oberrheingraben, das ist die Region, wo wir tätig sind, zwischen Basel und Frankfurt, ist eine herausragende Ressource, die weltweit nahezu einmalig ist.

Warum ist diese Form des Abbaus nicht populärer?

Horst Kreuter: Es gibt in Europa noch keine Erfahrung mit direkter Lithiumextraktion auf kommerzieller Ebene. Das wird als Risiko gesehen, obwohl sie bereits 10 % der weltweiten Produktion ausmacht, also in anderen Ländern so betrieben wird. Diese Sichtweise wird von traditionellen Lithiumherstellern genutzt, um den Trend zu entschleunigen. Wir haben keine Spezialisten in der direkten Lithiumextraktion in Europa. Diese befinden sich in Kalifornien, China und Südamerika. Banken sehen das als Risiko und prüfen genau, ob die Technologie sicher ist.

Dr. Horst Kreuter, Gründer und Generalrepräsentant, Vulcan Energy

Dr. Horst Kreuter, Gründer und Generalrepräsentant, Vulcan Energy

Herr Professor Tost, wie bewerten Sie das aus technischer Sicht?

Michael Tost: Kapital und Kapitalgeber spielen im Bergbau eine große Rolle. Bergbau ist sehr konservativ, weil kapitalintensiv. Investoren wollen auf der sicheren Seite sein, und da setzt man schlicht und einfach auf bewährte Technologien, die aber teilweise schon jahrzehntealt sind. In Europa fehlt das Risikokapital, um neue Technologien im Bergbau zu finanzieren. Das ist auch ein großes Thema im Critical Raw Materials Act. Es braucht eine Änderung, um strategische Projekte auf europäischer Ebene zu finanzieren und technologisch größere Risiken zu übernehmen.

Sehen Sie da schon eine Verbesserung, Frau Leitner?

Anna Leitner: Wir wissen, welchen Schaden der Abbau von Lithium, das in Chile abgebaut und in Europa verbraucht wird, anrichtet. Deswegen muss man sich die Auswirkungen des Abbaus genau ansehen. Bergbau in Europa ist etwas, das in den letzten Jahrzehnten kaum Thema war. Es fehlt hierzu an strategischer Arbeit und Ressourcen auf Bundesebene. Der Critical Raw Materials Act möchte das ändern, aber es braucht mehr Unterstützung und politische Diskussionen. Es muss uns gelingen, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren und eine echte Kreislaufwirtschaft zu fördern. Ein Beispiel ist die Verschwendung bei Einweg-E-Zigaretten. Hier werden pro Woche allein in Deutschland Millionen dieser Zigaretten weggeworfen. Es braucht verbindliche Maßnahmen, um Recyclingraten zu erhöhen und den Rohstoffverbrauch zu reduzieren. Bergbau muss unter Minimierung der schädlichen Einflüsse und Einbezug der Bevölkerung stattfinden.

Apropos Einbezug der Bevölkerung, wie wird Ihr Unternehmen, Herr Kreuter, in der Region seitens der Bevölkerung akzeptiert, gibt es da Widerstand?

Horst Kreuter: Wir betreiben Fluidbergbau. Es gab anfangs Widerstand aufgrund der Erschütterungen durch die Geothermie. Wir haben durch Transparenz und mit verschiedenen Kommunikationsmaßnahmen die Akzeptanz erhöht. Wir haben das Unternehmen geöffnet. Kinder und Jugendliche können uns besuchen und die Technik anschauen. Es kommen Gemeinderäte, die sich anschauen, was wir tun. Das hat die Akzeptanz grundlegend erhöht. Auch die Gaskrise hat uns geholfen. In den Gebieten, wo die Geothermie funktioniert, kommen jetzt viele Kommunen auf uns zu und sagen: Könnt ihr uns Wärme aus Geothermie liefern? Wir haben mit Stadtwerken Vereinbarungen getroffen, sie mit Wärme zu versorgen. Auch die Industrie wird zukünftig von uns mit Wärme versorgt.

Können Sie uns noch etwas zur Finanzierung sagen?

Horst Kreuter: Wir sind ein deutsches Projekt, aber wir sind sowohl an der ASX als auch an der Frankfurter Börse notiert, um einerseits Zugang zum aktiven australischen Bergbausektor zu haben und andererseits europäische Investoren einzubeziehen. In Australien kümmern sich fünf Leute um Börsenbelange und in Deutschland arbeiten rund 400 Personen an unseren Standorten. Viele unserer Mitarbeiter:innen sind aus der Erdölindustrie. Sie kennen die Arbeiten unter Tage, aber wir können etwas bieten, das andere nicht können, nämlich Sinn in dem, was sie tun, denn wir haben ein Produkt, das umweltschonend ist. Das macht den Unterschied. Außerdem befindet sich Vulcan derzeit im Abschluss des Finanzierungsprozesses für die erste Projektphase „Lionheart“ rund um Landau, Rheinland-Pfalz, und plant, diesen im zweiten Halbjahr 2025 abzuschließen.

"Im Rahmen des Zukunfts-Themas Rohstoffe beschäftigen wir uns mit den sogenannten Greenablern, also mit Rohstoffen, die zur Energiewende benötigt werden."
Magdalena Quell

Wie passt das Thema Rohstoffe zu einem verantwortungsvollen Investor?

Magdalena Quell: All die Aspekte und Entwicklungen, die Herr Dr. Kreuter gerade erläutert hat, sind wichtige Faktoren im Rahmen unserer Analyse. Raiffeisen Capital Management hat die sogenannten Zukunfts-Themen etabliert. In diesem Zusammenhang beschäftigen sich interne Research-Gruppen mit strukturellen Trends. Dabei geht es darum, eine Topdown-Perspektive als Ergänzung zur Bottom-up-Analyse unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten einzubringen. Im Rahmen des Zukunfts-Themas Rohstoffe beschäftigen wir uns mit den sogenannten Greenablern, also mit Rohstoffen, die zur Energiewende benötigt werden, weil beispielsweise Technologien der erneuerbaren Energie auf diese kritischen Metalle angewiesen sind. Insofern ist der Rohstoffsektor ein wichtiger Teil im Kampf gegen den Klimawandel.

Worauf wird da konkret geachtet?

Magdalena Quell: Die Abwägung, ob ein Investment in einen Rohstoff wie beispielsweise Lithium oder Kobalt aus ESG Sicht vertretbar ist, erfordert eine umfassende Bewertung unterschiedlicher Faktoren, und zwar in allen drei Nachhaltigkeits-Säulen, also Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung. Denn in Anbetracht der globalen klimatischen Herausforderungen können wir uns ein Schwarz-Weiß-Denken oder eine pauschale Verurteilung einer Branche oder eines Sektors nicht leisten. Wir beschäftigen uns daher damit, welche Kriterien für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Rohstoffabbau im Rahmen unseres Investmentprozesses reflektiert werden müssen, nämlich einem Modell, das eine langfristige Wirtschaftlichkeit, aber auch Verträglichkeit für Gesellschaft und Umwelt ermöglicht.

Wie schaut das beispielsweise beim Thema Lithium aus?

Magdalena Quell: Wasser ist beispielsweise ein großes Thema in der Lithiumproduktion. Dabei geht es insbesondere um Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung, etwa bei der traditionellen Lithiumgewinnung, wie wir sie aus Südamerika kennen. Wir wollen in diesem Fall wissen: Wie geht ein rohstoffförderndes Unternehmen – denn letztendlich haben wir die Investorenbrille auf – mit dem Thema um? Wie viel Wasser wird wieder aufbereitet? Gibt es einen geschlossenen Wasserkreislauf? Wie entwickelt sich der Grundwasserspiegel in der betroffenen Region? Und auch natürlich wo ist dieses Unternehmen tätig, wo findet diese Förderung statt, ist die konkrete Region von Wassermangel betroffen? Neben ökologischen Aspekten sind auch soziale und Governance-Kriterien wichtig. Neben den bekannten Risiken wie zum Beispiel Verletzung von Menschen- bzw. Arbeitsrechten oder Korruption muss auch berücksichtigt werden, dass Unternehmen im Rohstoffabbau oft wichtige Arbeitgeber in den Regionen sind. Wir streben eine gesamtheitliche Berücksichtigung aller ESG-Faktoren an. Kreislaufwirtschaft ist ebenfalls ein wichtiges Thema, das nicht getrennt betrachtet werden sollte: Wie kann möglichst ressourcenschonend entwickelt, produziert, genutzt und aufbereitet werden?

Mag. Magdalena Quell, CIIA, Arbeitsgruppe „Zukunfts-Thema: Rohstoffe“, Raiffeisen KAG

Mag. Magdalena Quell, CIIA, Arbeitsgruppe „Zukunfts-Thema: Rohstoffe“, Raiffeisen KAG

"Standards sind wichtig, aber sie müssen auch überprüft und sanktioniert werden."
Horst Kreuter

Was wäre – in die Runde gefragt – global gesehen die wichtigste politische Maßnahme, um den Abbau von Rohstoffen nachhaltiger zu machen?

Anna Leitner: Es führt kein Weg daran vorbei, dass man stärker global kooperiert und die Rhetorik auf politischer Seite runterfährt. Wichtig ist, die eigenen Werte nicht fallen zu lassen und verbindliche Sorgfaltspflichten auf EU-Ebene und globaler Ebene zu etablieren. Faire Beziehungen zwischen Ländern und gute soziale und ökologische Mindeststandards im Bergbau sind notwendig.

Horst Kreuter: Dem kann ich nur zustimmen. Standards sind wichtig, aber sie müssen auch überprüft und sanktioniert werden. Wenn ich an den Wettbewerb denke, der aktuell gerade in Südamerika zwischen russischen, chinesischen und amerikanischen Firmen um die Lizenzen zum Abbau von Lithium geführt wird, und wie wenig europäische Firmen da überhaupt eine Rolle spielen, dann sieht man, wie schwierig das werden wird. Wir sollten danach streben, die Standards in Europa umzusetzen. Darauf sollten wir unser Augenmerk legen: dass wir in Europa Maßstäbe setzen, Beispiel geben und technische Entwicklungen finden, die dann möglicherweise weltweit akzeptiert und umgesetzt werden, weil sie einfach besser und umweltgerechter sind.

Magdalena Quell: Es sollten Anreize für Unternehmen geschaffen werden, die umweltfreundliche Technologien und faire Arbeitspraktiken entwickeln und umsetzen. So kann ein effektiver Beitrag zu einer Umlenkung von Kapitalflüssen und einer Transformation der Branche geleistet werden.

Welche Wünsche gibt es von wissenschaftlicher Seite?

Michael Tost: Ich möchte auf zwei Punkte eingehen. Als wichtigste politische Maßnahme sehe auch ich die Einführung von Mindeststandards, wobei wir davon noch weit weg sind. Mein zweiter Wunsch bezieht sich auf eine stärkere Differenzierung. Bei fossilen Rohstoffen ist es mehr oder weniger akzeptiert, dass wir Milliarden von Tonnen an Kohle, Öl und Gas abbauen. Bei Lithium hingegen – und hier reden wir von ein paar Millionen Tonnen – betrachten wir den Abbau sehr kritisch. Wir sollten jedoch auch bei den fossilen Rohstoffen viel kritischer hinschauen. Das Gleiche trifft auf Gold zu: 50 % der globalen Bergbau-Exploration konzentrieren sich nach wie vor auf Gold, weil sich damit viel Geld verdienen lässt. Meines Erachtens hat Gold keinen wirklichen Nutzen außer einem „Luxusnutzen“ – Stichwort Schmuck oder Goldbarren. Von einer industriellen Nutzung oder einer Verwendung für die Energiewende sind wir hier weit entfernt, und das Gold, das dafür benötigt würde, haben wir bereits abgebaut. Bei Lithium und anderen Rohstoffen – den sogenannten Greenablern – sind wir jedoch sehr kritisch. Mein Wunsch wäre daher, dass man im Kontext der Nachhaltigkeitsdiskussion differenzierter hinschaut, sowohl was die Rohstoffe und deren Abbau selbst betrifft als auch deren Verwendung.

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